bergsteiger
Weekend Warrior
Gute Nacht, E-Mobilität!
Neulich aufm FIur traf ich meinen Kollegen Markus Voss. ,,Sie sind ja schon im Büro?", fragte ich verwundert, wohl wissend, dass er eigentlich zu den Spätaufstehern zählt. ,,Ich war ja auch schon eine Stunde tanken", antwortete er. ,,Ich habe aktuell ein E-Auto als Testwagen, und morgens sind die Ladestationen am wenigsten besetzt. "
E-Auto? Ladestationen? Spätestens bis 2022, also schon in drei Jahren, sollen mindestens eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren. Derzeit sind es noch nicht einmal 150000. Die Reichweite der E-Autos verbessert sich kontinuierlich. Es gibt Probleme mit dem Tanken? Das wusste ich nicht. Und so begann mein Kollege zu erzählen:
"Das Fahren mit dem E-Auto ist super: Die Kraft wirkt sofort, an der Ampel hat niemand eine Chance gegen mich. Alles ist ganz entspannt - bis auf ein Detail: Ich starre ständig auf meine Reichweitenanzeige. "
,,Aber die neuen Modelle kommen doch inzwischen mehr als 300 Kilometer weit", entgegnete ich. ,,Das stimmt", antwortete Kollege Voss. ,,Doch selbst wenn beruhigende 320 Kilometer aufleuchten, fange ich an zu rechnen: Wie oft komme ich ins Büro und zurück? Was, wenn ich noch einen Abstecher mache? Wie oft darf ich Vollgas geben - dann sinkt die Reichweite dramatisch? Und das Wichtigste: Wo kann ich eigentlich Strom tanken?"
,,Sie können das Auto doch zu Hause laden", sagte ich oberschlau. ,,Leider ist das nicht so einfach", entgegnete Kollege Voss. ,,Ich wohne nämlich in einem Mehrfamilienhaus am Rande der Stadt. In unserer Tiefgarage gibt es keine Steckdose. Und selbst wenn es sie gäbe: Dort könnte ich nur Gemeinschaftsstrom abzapfen, die Nachbam würden mir aufs Dach steigen, wenn sie meine Tankfüllungen per Umlage mitbezahlen müssten. "
,,Und wie machen Sie es dann?", wollte ich wissen. ,,Ich nutze eine App. Dort kann man sich registrieren, Zahlungsdaten hinterlegen und dann Strom tanken, Allerdings nur an bestimmten Ladesäulen. Welche das sind, zeigt mir die App,"
,,Sie können nicht überall tanken?", fragte ich verwundert, ,,Nein. Die Ladestationen von E.on sind zum Beispiel nicht Teil meines Verbundsystems. Auch die Stadtwerke München, die an vielen Punkten der Stadt Ladesäulen aufgestellt haben, akzeptieren meine Zugangsdaten nicht. Und damit nicht genug: Ich zahle auch überall völlig unterschiedliche Preise."
,,Das ist doch normal. Bei den Benzintankstellen sind die Preise doch auch nicht überall gleich', konterte ich, ,,Das stimmt", sagte Kollege Voss. ,,Aber Sie zahlen nicht bei der einen Tankstelle das Doppelte wie bei der anderen. "
,,Das Doppelte?", fragte ich. ,,Ja, natürlich. An einem Power-Charger, der 50 kW Leistung bietet und am Stadtrand 1iegt, brauche ich zwei bis zweieinhalb Stunden, um das Auto vollzuladen, und zahle pro Minute 43,6 Cent. Einmal volltanken kostet also 50 bis 60 Euro. Will ich mein Auto jedoch in der Stadt aufladen, zahle ich zum Beispiel am Ostbahnhof 8,25 Euro Startgebühr und 27,5 Cent pro Minute. Aber weil die Ladeleistung da nur 22 KW beträgt, müsste ich viel länger laden. Einmal volltanken kostet mich dann mehr als 100 Euro.
Ich kann Ihnen noch mehr erzählen: Am ersten Wochenende, an dem ich das E-Auto hatte, haben wir einen Ausflug gemacht und danach denWagen im dichten Schneetreiben an der nächstgelegenen Ladesäule in meinem Wohnort geparkt. Die steht gegenüber vom Wertstoffhof in einem Gewerbegebiet. Dann sind wir mit den Kindern zu Fuß 1,6 Kilometer zurück nach Hause spaziert.
Als ich das Auto verließ, stand im Display: Ladezeit 9 Stunden 35 Minuten - vollgeladen wäre es also erst in der Nacht. Drei Stunden später, kurz nach dem Abendessen, habe ich den Wagen also wieder abgeholt. Denn das Laden kostet pro Verbindungsminute - auch wenn der Akku längst voll ist. Und morgens um drei wollte ich ja auch nicht aufstehen und das Auto holen."
,,Das ist doch irre!", schüttelte ich den Kopf. ,,Ja, und der Blick auf die Reichweitenanzeige war eine herbe Enttäuschung: In den drei Stunden waren gerade mal knapp 100 Kilometer hinzugekommen. Das entspricht alle zwei Minuten einem Kilometer. Als ich am nächsten Thg im Schneetreiben losfuhr, mit Licht, Scheibenwischer und Heizung, stellte sich heraus, dass diese 100 Kilometer tatsächlich gerade mal 50 Kilometer halten."
,,Erzählen Sie weiter!" - ,,Am nächsten Tag schlug meine Frau vor, einen Ausflug zum Ammersee zu machen, Gute Idee, sagte ich, in Schondorf gibt es eine Ladesäule. "Und was machen wir, wenn die besetzt ist?", fragte meine Frau. Ich wurde blass: Dann wäre der Platz ja stundenlang belegt! Und selbst danach würde der Ladevorgang noch mal Stunden dauern. Da könnten wir glatt einmal zu Fuß um den halben See wandem.
Aus dem gleichen Grund bin ich mit dem Wagen auch nicht zum Skifahren gefahren. Zwar gibt es eine Ladesäule direkt am Lift - aber eben nur eine. Wenn ich nach zwei Stunden Fahrt dort das Nachsehen habe, kommen wir womöglich nicht mehr zurück.
Ich sage Ihnen eines: Wir haben keinen Hund, sondem eine Katze. Das ist Absicht: Niemand hat Lust, morgens in aller Herrgottsfrühe aufzustehen, um vor der Arbeit noch rauszugehen. Seit einer Woche mache ich das trotzdem, denn jetzt fahre ich Elektroauto; zumindest testweise für ein paar Tage. "
Ich bin schockiert! In Deulschland ist jede Bananenkrümmung reglementiert. Die Zahl der E-Autos soll sich nach den Plänen der Bundesregierung in drei Jahren mehr als versechsfachen. Und die Regierung schafft es noch nicht einmal durchzusetzen, dass die E-Autofahrer an jeder der ohnehin zu wenigen Ladestationen Strom tanken können und dafür auch überall den gleichen Preis zahlen. Gute Nacht, E-Mobilitätl
Frank Pöpsel, Chefredakteur MONEYINSIDE
Neulich aufm FIur traf ich meinen Kollegen Markus Voss. ,,Sie sind ja schon im Büro?", fragte ich verwundert, wohl wissend, dass er eigentlich zu den Spätaufstehern zählt. ,,Ich war ja auch schon eine Stunde tanken", antwortete er. ,,Ich habe aktuell ein E-Auto als Testwagen, und morgens sind die Ladestationen am wenigsten besetzt. "
E-Auto? Ladestationen? Spätestens bis 2022, also schon in drei Jahren, sollen mindestens eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren. Derzeit sind es noch nicht einmal 150000. Die Reichweite der E-Autos verbessert sich kontinuierlich. Es gibt Probleme mit dem Tanken? Das wusste ich nicht. Und so begann mein Kollege zu erzählen:
"Das Fahren mit dem E-Auto ist super: Die Kraft wirkt sofort, an der Ampel hat niemand eine Chance gegen mich. Alles ist ganz entspannt - bis auf ein Detail: Ich starre ständig auf meine Reichweitenanzeige. "
,,Aber die neuen Modelle kommen doch inzwischen mehr als 300 Kilometer weit", entgegnete ich. ,,Das stimmt", antwortete Kollege Voss. ,,Doch selbst wenn beruhigende 320 Kilometer aufleuchten, fange ich an zu rechnen: Wie oft komme ich ins Büro und zurück? Was, wenn ich noch einen Abstecher mache? Wie oft darf ich Vollgas geben - dann sinkt die Reichweite dramatisch? Und das Wichtigste: Wo kann ich eigentlich Strom tanken?"
,,Sie können das Auto doch zu Hause laden", sagte ich oberschlau. ,,Leider ist das nicht so einfach", entgegnete Kollege Voss. ,,Ich wohne nämlich in einem Mehrfamilienhaus am Rande der Stadt. In unserer Tiefgarage gibt es keine Steckdose. Und selbst wenn es sie gäbe: Dort könnte ich nur Gemeinschaftsstrom abzapfen, die Nachbam würden mir aufs Dach steigen, wenn sie meine Tankfüllungen per Umlage mitbezahlen müssten. "
,,Und wie machen Sie es dann?", wollte ich wissen. ,,Ich nutze eine App. Dort kann man sich registrieren, Zahlungsdaten hinterlegen und dann Strom tanken, Allerdings nur an bestimmten Ladesäulen. Welche das sind, zeigt mir die App,"
,,Sie können nicht überall tanken?", fragte ich verwundert, ,,Nein. Die Ladestationen von E.on sind zum Beispiel nicht Teil meines Verbundsystems. Auch die Stadtwerke München, die an vielen Punkten der Stadt Ladesäulen aufgestellt haben, akzeptieren meine Zugangsdaten nicht. Und damit nicht genug: Ich zahle auch überall völlig unterschiedliche Preise."
,,Das ist doch normal. Bei den Benzintankstellen sind die Preise doch auch nicht überall gleich', konterte ich, ,,Das stimmt", sagte Kollege Voss. ,,Aber Sie zahlen nicht bei der einen Tankstelle das Doppelte wie bei der anderen. "
,,Das Doppelte?", fragte ich. ,,Ja, natürlich. An einem Power-Charger, der 50 kW Leistung bietet und am Stadtrand 1iegt, brauche ich zwei bis zweieinhalb Stunden, um das Auto vollzuladen, und zahle pro Minute 43,6 Cent. Einmal volltanken kostet also 50 bis 60 Euro. Will ich mein Auto jedoch in der Stadt aufladen, zahle ich zum Beispiel am Ostbahnhof 8,25 Euro Startgebühr und 27,5 Cent pro Minute. Aber weil die Ladeleistung da nur 22 KW beträgt, müsste ich viel länger laden. Einmal volltanken kostet mich dann mehr als 100 Euro.
Ich kann Ihnen noch mehr erzählen: Am ersten Wochenende, an dem ich das E-Auto hatte, haben wir einen Ausflug gemacht und danach denWagen im dichten Schneetreiben an der nächstgelegenen Ladesäule in meinem Wohnort geparkt. Die steht gegenüber vom Wertstoffhof in einem Gewerbegebiet. Dann sind wir mit den Kindern zu Fuß 1,6 Kilometer zurück nach Hause spaziert.
Als ich das Auto verließ, stand im Display: Ladezeit 9 Stunden 35 Minuten - vollgeladen wäre es also erst in der Nacht. Drei Stunden später, kurz nach dem Abendessen, habe ich den Wagen also wieder abgeholt. Denn das Laden kostet pro Verbindungsminute - auch wenn der Akku längst voll ist. Und morgens um drei wollte ich ja auch nicht aufstehen und das Auto holen."
,,Das ist doch irre!", schüttelte ich den Kopf. ,,Ja, und der Blick auf die Reichweitenanzeige war eine herbe Enttäuschung: In den drei Stunden waren gerade mal knapp 100 Kilometer hinzugekommen. Das entspricht alle zwei Minuten einem Kilometer. Als ich am nächsten Thg im Schneetreiben losfuhr, mit Licht, Scheibenwischer und Heizung, stellte sich heraus, dass diese 100 Kilometer tatsächlich gerade mal 50 Kilometer halten."
,,Erzählen Sie weiter!" - ,,Am nächsten Tag schlug meine Frau vor, einen Ausflug zum Ammersee zu machen, Gute Idee, sagte ich, in Schondorf gibt es eine Ladesäule. "Und was machen wir, wenn die besetzt ist?", fragte meine Frau. Ich wurde blass: Dann wäre der Platz ja stundenlang belegt! Und selbst danach würde der Ladevorgang noch mal Stunden dauern. Da könnten wir glatt einmal zu Fuß um den halben See wandem.
Aus dem gleichen Grund bin ich mit dem Wagen auch nicht zum Skifahren gefahren. Zwar gibt es eine Ladesäule direkt am Lift - aber eben nur eine. Wenn ich nach zwei Stunden Fahrt dort das Nachsehen habe, kommen wir womöglich nicht mehr zurück.
Ich sage Ihnen eines: Wir haben keinen Hund, sondem eine Katze. Das ist Absicht: Niemand hat Lust, morgens in aller Herrgottsfrühe aufzustehen, um vor der Arbeit noch rauszugehen. Seit einer Woche mache ich das trotzdem, denn jetzt fahre ich Elektroauto; zumindest testweise für ein paar Tage. "
Ich bin schockiert! In Deulschland ist jede Bananenkrümmung reglementiert. Die Zahl der E-Autos soll sich nach den Plänen der Bundesregierung in drei Jahren mehr als versechsfachen. Und die Regierung schafft es noch nicht einmal durchzusetzen, dass die E-Autofahrer an jeder der ohnehin zu wenigen Ladestationen Strom tanken können und dafür auch überall den gleichen Preis zahlen. Gute Nacht, E-Mobilitätl
Frank Pöpsel, Chefredakteur MONEYINSIDE